
Deutschland ist dabei Artikel 17 umzusetzen, der große Änderungen im europäischen Urheberrecht bedeutet. Dies ist eine gute Gelegenheit deutlich zu machen, dass Fanwerke unter deutschem Urheberrecht legal sind.
Die deutsche Regierung hat einen Gesetzentwurf an Bundesrat und Bundestag geschickt. Die abschließende Abstimmung ist für Anfang Mai geplant. Der Regierungsentwurf macht deutlich, dass nicht-kommerzielle Webseiten, wie das AO3, im Gegensatz zu kommerziellen Webseiten wie Facebook oder YouTube, nicht verpflichtet sein sollen, Lizenzen von Urheberrechtsinhaber*innen zu erwerben. Der Gesetzentwurf sieht weiterhin explizit vor, Fanwerke wie Fanfiction, Fanart und viele andere Arten transformativer Werke als Teil der EU-Ausnahme für “Karikatur, Parodie und Pastiche” legal zu machen.
Es besteht jedoch ein Problem und ein Risiko.
Das Problem besteht darin, dass der Gesetzesentwurf Formulierungen enthält, die nach Artikel 17 nicht notwendig wären, und die zu Verunsicherung bezüglich der Reichweite von Karikatur, Parodie und Pastiche führen könnten. Diese Passagen knüpfen die Bedingung an Karikatur, Parodie und Pastiche, dass sie sich nur in dem Maße auf Werke beziehen dürfen, “sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist”.
Diese Formulierung würde dazu einladen, dass Gerichte und Urheberrechtskläger*innen die Absichten von Schöpfer*innen hinterfragen. Fanfiction, genau wie Karikatur, Parodie und Pastiche, hat ihre eigene künstlerische Rechtfertigung und Gerichte sollten nicht kontrollieren ob ein Fanwerk Charaktere über einen “gerechtfertigten Umfang” hinaus nutzt.
Das Risiko kommt daher, dass Lobbyisten eine Vergütungspflicht für Karikatur, Parodie und Pastiche, inklusiv Fanfiction und Fanart verlangen – auch wenn diese nicht auf kommerziellen Webseiten veröffentlicht werden. Die Konsequenzen einer Zahlungspflicht wären verquer: sie würde kommerzielle Plattformen gegenüber nicht-kommerziellen wie AO3 oder Wikipedia in Vorteil stellen. Das liegt daran, dass Nutzer*innen Fanwerke, Memes usw. umsonst auf YouTube oder Facebook hochladen könnten, da die kommerziellen Plattformen, aufgrund der Umsetzung des Artikel 17, bereits Zahlungen an Verwertungsgesellschaften leisten. Dieselben Nutzer*innen müssten jedoch Zahlungen an Verwertungsgesellschaften leisten, wenn sie dieselbe Fanfiction, Fankunst oder dieselben Memes auf ihrer persönlichen Webseite oder nicht-kommerziellen Webseiten wie dem AO3 hochladen wollen. In der Praxis würde das Gesetz die großen kommerziellen Plattformen stärken, indem für Internet-Nutzer*innen ein Anreiz geschaffen würde, ihre privaten Webseiten zu schließen oder nicht-kommerzielle Plattformen zu verlassen und ihre Aktivitäten stattdessen in eine Facebook-Gruppe zu verlegen.
Wir empfehlen deutschen Fans mit ihren Bundestagsabgeordneten zu sprechen und
-
- Darum zu bitten, dass an die über Artikel 17 hinausgehende Ausnahme für Karikatur, Parodie und Pastiche keine Bedingung geknüpft wird, die besagt “sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist”
und
-
- Zu betonen, wie wichtig es ist, dass keine Ausgleichszahlungen für diese Ausnahme erhoben werden.
Eine einfache Möglichkeit dazu bietet das Portal Abgeordnetenwatch.de, dessen Seite zum Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz, diejenigen Abgeordneten aufführt, die für diesen Vorschlag zuständig sind.
Wir sind der Auffassung, dass man an dieses Gesetz keine weitere, über Artikel 17 hinausgehende, Bedingung knüpfen sollte die besagt “sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist”. Diese Formulierung führt zu Verunsicherung, da es für Nutzer*innen extrem schwierig ist, den Umfang der Nutzung eines Werkes zu bestimmen, der für die Erstellung von Fanfiction, Fankunst oder anderen transformativen -Werken “gerechtfertigt” ist. Weiterhin glauben wir, das Gesetz sollte die Interessen einzelner Fans und nicht-kommerzieller Webseiten schützen und die Vorherrschaft von Facebook und YouTube bekämpfen, indem es Ausgleichszahlungen für Karikatur, Parodie und Pastiche ablehnt.
Aktualisierung [06.05.2021]: Aufgrund der regen Fan-Reaktion auf diese Ankündigung über Deutschlands geplante Überarbeitung des Urheberrechtgesetzes haben wir eine Petition auf Change.org erstellt. Diese bietet einen weiteren und eventuell einfacheren Weg mit den Gesetzgeber*innen in Kontakt zu treten als das individuellen Anschreiben von Ausschussmitgliedern wie ursprünglich vorgeschlagen.